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Wie würde dein Training aussehen, wenn der Transfer überlebenswichtig wäre?

Hand auf’s Herz: Ist das Thema „Transfer in die Praxis“ im Zuge deines Trainingsdesigns ein Fixpunkt, den du konzeptionell berücksichtigst? Oder hat ein positives Feedback am Ende des Trainings höhere Priorität für dich? In der Praxis ist leider oft letzteres der Fall.

Versteh mich nicht falsch: Selbstverständlich ist es wichtig, dass du Seminare gestaltest, die deine TeilnehmerInnen begeistern. Aber das oberste Ziel deiner Trainings sollte ein gelungener Transfer in die Praxis sein: Ein Training ist dann erfolgreich, wenn dadurch Veränderung entsteht, wenn die TeilnehmerInnen nach dem Training anders agieren als davor. Dennoch wird der Transfer in die Praxis oft stiefmütterlich behandelt. Das hat sicherlich mehrere Gründe: Die Evaluierung der langfristigen Trainingswirkung kann schwierig sein, und selbst die AuftraggeberInnen sind oft nur an positiven Feedbacks direkt nach dem Training interessiert. Das führt dazu, dass der Transfer in die Praxis bei der Konzeption des Trainings häufig wenig Priorität hat.

Mit einem kleinen Gedanken-Experiment können wir uns die Wichtigkeit des Transfers aber bewusst machen. Dieses Bewusstsein dafür brauchen wir als TrainerInnen, denn nur so kann es gelingen, AuftraggeberInnen von der Wichtigkeit zu überzeugen und Formate und Methoden zu wählen, die einen gelungen Transfer ermöglichen.

Das Gedanken-Experiment

Diese Übung hilft dabei, dein Trainingsdesign aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Stell dir folgende Frage:

Wie würde dein Training aussehen, wenn die praktische Umsetzung des Gelernten für die TeilnehmerInnen oder deren KundInnen überlebenswichtig wäre?

Ein Beispiel dafür sind Ausbildungen von Tauchern. Gelingt hier die Umsetzung in der Praxis nicht, kann das zu tödlichen Unfällen führen. Der Transfer des Gelernten ist also extrem wichtig. Die Ausbildungen bestehen daher immer aus unterschiedlichen Methoden und vielen praktischen Übungen:

  • Selbstlernphase mittels E-Learning
    • Im Sinne eines Flipped Classrooms erhalten die TeilnehmerInnen im ersten Schritt Zugang zu einem E-Learning. In diesem E-Learning wird die Theorie erklärt und mit Kontrollfragen können die Lernenden selbst überprüfen, ob sie die Inhalte verstanden haben.
  • Präsenztraining in Kleinstgruppen
    • Im Präsenztraining wird die gesamte Theorie nochmal mit dem Trainer / der Trainerin wiederholt und offene Fragen werden geklärt
  • Briefing für die praktischen Übungen
    • Jetzt werden praktische Übungen vorbereitet. Die TeilnehmerInnen erhalten genaue Instruktionen, was in der Übung gemacht wird, und was dabei zu beachten ist.
  • Praktisches Üben der gelernten Fähigkeiten im geschützten Rahmen
    • Unter Anleitung des Trainers / der Trainerin wird nun im geschützten Rahmen geübt. Je nach Ausbildung sind diese Übungen erstmal an Land oder in einem Pool, manchmal auch im seichten Freiwasser.
  • Debriefing
    • Nach der Übungseinheit gibt es eine Feedbackrunde: Was ist gut gelaufen? Wo gab es Probleme? Sind weitere Fragen aufgetaucht?
  • Eventuell weitere Übungen inklusive Briefing und Debriefing
    • Je nach Ausbildung und Fortschritt der TeilnehmerInnen werden weitere Übungseinheiten durchgeführt. War die erste Übung an Land, geht es anschließend ins Pool, danach ins seichte Freiwasser und schließlich in die Tiefe, auf der dann im Regelfall getaucht wird.
  • Abschlussprüfung
    • Für die abschließende Zertifizierung ist neben den erfolgreich durchgeführten Übungen auch eine schriftliche Prüfung zu absolvieren.

Wir sehen also: Bei diesem Trainingsdesign liegt der Fokus auf dem Transfer in die Praxis, und die gesamte Ausbildung ist auf dieses Ziel ausgerichtet. Obwohl die Trainings diesen Zweck sehr gut erfüllen, gibt es auch hier Optimierungspotenzial: Denn in Fleisch und Blut gehen neu gelernte Fertigkeiten erst, wenn sie über einen längeren Zeitraum immer wieder angewandt werden. Beim Tauchen bedeutet das: Ich muss so oft wie möglich ins Wasser. Das wird allerdings im Ausbildungskonzept nicht mehr berücksichtigt.

Der Idealfall wäre also, wenn die TeilnehmerInnen nach dem Training über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten immer wieder gefordert würden, das Gelernte in der Praxis einzusetzen.

Nun leben wir nicht in einer idealen Welt, und oft ist es unumgänglich, in unseren Trainings Kompromisse einzugehen. Nichtsdestotrotz sollten wir uns bei der Konzeption immer wieder mal die Frage stellen: Wie würde das Training aussehen, wenn der Transfer überlebenswichtig wäre?


Martina Keglovits

Ich unterstütze TrainerInnen, Coaches und Bildungsbeauftragte beim Einstieg ins Blended Learning, um großartige Angebote zu entwickeln, die den Wert für Anbieter und Kunden erhöhen.

Martina Keglovits © 2022 | DESIGN: DerDesignfuchs.de